Zwischen Zeiten im Museum am Rothenbaum

Das Museum am Rothenbaum (MARKK) blickt auf eine mehr als einhundertjährige Geschichte zurück. Sein Gebäude an der Rothenbaumchaussee 64 im Bezirk Eimsbüttel wurde 1912 eröffnet, in einer Epoche, in der ethnologische Museen in Europa ihrem Publikum die Welt oftmals nach kolonialen Ordnungsmustern präsentierten. Auch die Räume des Hauses waren Teil dieser Perspektive: Ihre Architektur, technischen Einrichtungen und Ausstellungen sollten helfen, eine bestimmte Vorstellung von „uns“ und den „anderen“ zu produzieren.
Diese Sichtweisen haben sich im Laufe der Jahrzehnte verändert. Zwei Weltkriege, gesellschaftliche Umbrüche und neue Fragestellungen in Wissenschaft und Öffentlichkeit haben ihre Spuren auch im Inneren des Gebäudes hinterlassen. Provisorische Umbauten, wechselnde Ausstellungen und neue Nutzungen haben das Haus Schicht für Schicht geprägt. So entstand ein komplexes Geflecht aus Vergangenheit und Gegenwart, welches bis heute erkennbar ist.
Das im Jahr 2023 durchgeführte Projekt „MARKK in Time“ setzt hier an. Es stellt historischen Fotografien der Museumsräume aus den 1910er-Jahren aktuelle Aufnahmen aus derselben Perspektive gegenüber, eine Methode, die als Refotografie bekannt ist. Die Aufnahmen lassen erkennen, welche Vorstellungen einst im Haus wirksam waren, und sie regen dazu an, die Veränderungen wahrzunehmen, die das MARKK seit seiner Umbenennung im Jahr 2018 und dem aktiven Reformprozess auf den Weg gebracht hat.
Die Präsentation trägt den Titel „Zwischen Zeiten im Museum am Rothenbaum“. Sie lädt ein, die unterschiedlichen Zeitschichten des Hauses miteinander in Beziehung zu setzen, denn die Zukunft des Museums entsteht nicht im luftleeren Raum: Sie knüpft an die Spuren der Vergangenheit an und verwandelt sie zugleich. In diesem Sinne sind die gezeigten Bildpaare nicht nur Dokumente, sondern auch Angebote, über beziehungsweisen zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nachzudenken.
Die Refotografien machen deutlich, dass der kommende Umbau des Museumsgebäudes ab 2027 mehr ist als eine bauliche Maßnahme: Er ist ein sichtbares Zeichen für den Anspruch, Geschichte kritisch zu reflektieren und das Museum als Ort des Dialogs neu zu gestalten.
Tipp :
Do 15. Januar 2026: Zwischen Zeiten am Museum am Rothenbaum. Werkstattgespräch mit Bernd Spyra (Fotograf) und Catharina Winzer (MARKK Leitung Fotoarchiv); Moderation: Gabriel Schimmeroth (Projektkoordinator Zwischenraum)