PROBAMA – Provenienzforschung
PRovenances d’Objets BAmana du Soudan Français (MAli) zwischen 1880 und 1914: Kolonialer Wettbewerb, Aneignung und Erwerbspraktiken in den Sammlungen des Museum am Rothenbaum Kulturen und Künste der Welt und des Musée quai Branly-Jacques Chirac (PROBAMA)
Das Forschungsprojekt PROBAMA widmet sich der systematischen Untersuchung der Erwerbspraktiken, Objektbiografien und Aneignungsprozesse von als „Bamana“ klassifizierten kulturellen Objekten aus dem Gebiet des damaligen Soudan Français, dem heutigen Mali, die zwischen etwa 1880 und 1914 in die Sammlungen des Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt (MARKK) sowie des Musée du quai Branly – Jacques Chirac gelangten. Im Zentrum stehen sowohl die umfangreichen Sammlungen des deutschen Afrikanisten Leo Frobenius aus seiner Expedition von 1907 bis 1909 als auch jene Objekte, die durch französische Militärs, Wissenschaftler und Kolonialbeamte in den Jahrzehnten zuvor und parallel dazu zusammengetragen wurden.
Ziel des Projekts ist es, diese beiden Sammlungskomplexe vergleichend zu analysieren und ihre jeweils politischen, wissenschaftlichen und lokalen Dimensionen zu rekonstruieren, um einen präziseren Einblick in ihre Entstehung und die ihnen zugrunde liegenden kolonialen Machtverhältnisse zu gewinnen. Hierzu zählt die detaillierte Analyse der politisch-wissenschaftlichen Kontexte, in denen Frobenius und französische Akteure ihre Sammlungen zusammenstellten, sowie die Untersuchung der jeweiligen Akteursnetzwerke, einschließlich der lokalen Vermittler, Informanten und Guides, die für die Entstehung dieser Sammlungen eine zentrale Rolle spielten. Zugleich eröffnet der systematische Vergleich deutscher und französischer Sammlungspraxis neue Einsichten in den Wettbewerb zwischen zwei Kolonialmächten, der diese Erwerbungen wesentlich geprägt hat.
Ein wesentliches Ziel besteht darin, die geografische Herkunft der Objekte genauer zu bestimmen und die Zusammensetzung der Objektkategorien in beiden Sammlungen hinsichtlich möglicher Parallelen oder signifikanter Unterschiede zu bewerten. Ein besonderes Augenmerk gilt dabei rituellen und für Initiationsgesellschaften bedeutenden Objektgruppen der „Bamana“, die häufig aus ihrem kulturellen und spirituellen Kontext herausgelöst wurden und deren Erwerbsbedingungen aufgrund ihrer Bedeutung besonders kritisch zu prüfen sind.
Methodisch verbindet das Projekt archivgestützte Provenienzforschung, umfassende Dokumentationsarbeit in den Sammlungsdatenbanken beider Museen, die Digitalisierung, Transkription, Übersetzung und Auswertung des umfangreichen Frobenius-Archivbestandes, der über sechzig Tagebücher, mehrere tausend Seiten Manuskripte sowie zahlreiche Fotografien, Zeichnungen und Skizzen umfasst. Ergänzt werden diese Arbeiten durch sogenannte Gegenuntersuchung („contre-enquêtes“) in Mali, bei denen in den Herkunftsregionen der Museumsbestände Gespräche mit lokalen Gemeinschaften geführt und Erinnerungen, Bedeutungen und Objektbiografien im heutigen Kontext rekonstruiert werden. Dadurch wird insbesondere eine malische Perspektive auf die historischen Aneignungsprozesse eingenommen.
Darüber hinaus wird die historische europäische Klassifikation „Bamana/Bambara“ kritisch hinterfragt, da sie im 19. und frühen 20. Jahrhundert uneinheitlich verwendet wurde und kolonial beeinflusste Kategorien reproduzierte.
Die Forschungsergebnisse sollen außerdem eine Grundlage für zukünftige Diskussionen über den Umgang mit diesen historischen Beständen und mögliche Folgeprozesse wie etwa Restitutionen liefern. Durch die enge Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Institutionen stärkt das Projekt zugleich die transnationale Provenienzforschung und fördert die aktive Einbindung afrikanischer Partner in die Aufarbeitung kolonialzeitlicher Sammlungspraktiken. Die Ergebnisse werden im Rahmen einer internationalen Abschlusstagung am MARKK vorgestellt und anschließend öffentlich zugänglich gemacht.
PROBAMA wird gemeinsam vom Musée du quai Branly – Jacques Chirac, dem Museum am Rothenbaum, dem Musée National du Mali und dem Frobenius-Institut für kulturanthropologische Forschung durchgeführt und durch den Deutsch-französischen Provenienzforschungsfonds zu
Kulturgütern aus Subsahara-Afrika gefördert. Die Projektlaufzeit beträgt achtzehn Monate.
Informationen zum Objektbild:
Siguni Maskenaufsätze des Ci-wara – Bundes
Künstler der Bamana
Beledougou, Mali, 19. Jh.
Holz, Korbgeflecht, Gewebefasern
T 20 x B 17,5 x H 61 cm
T 19 x B 25 x H 68 cm
Inv. Nr. 11.1:447, 11.1:401, Ankauf von Leo Frobenius 1911

Foto: @PROBAMA

