Zweites Provenienz-Forschungsprojekt NS-Raubgut: Überprüfung Sammlungseingänge 1933-1952
Inhalt des Projektes ist eine systematische Untersuchung und Überprüfung der Objekteingänge zwischen 1933 und 1945, erweitert um die Eingänge der Nachkriegszeit bis 1952.
Da die Sammlungsverwaltung des Museums nach Weltregionen strukturiert ist, gehören die projektrelevanten Objektbestände und Sammlungen museumsintern in unterschiedliche Sammlungsbereiche, das Projekt ist somit als sammlungsübergreifend einzuordnen.
Das Projekt umfasst zunächst eine systematisch-strukturierte Erfassung der Vorbesitzenden und Veräußernden im Untersuchungszeitraum sowie der Erwerbsumstände auf Grundlage der verzeichneten Objekteingänge. Das MARKK verfügt über eine zentrale, datenbankbasierte Sammlungsdokumentation, die nach aktuellem Stand für den Zeitraum Februar 1933 bis einschließlich 1952 insgesamt 1.418 projektrelevante Konvolute unterschiedlichen Objektumfangs als Eingänge in die Objektsammlungen verzeichnet. Unberücksichtigt bleiben die im Rahmen des ersten Provenienzfoschungsprojektes zu NS-Raubgut am MARKK 2021 bis 2023 abschließend untersuchten Bestände sowie die Eingänge für die früheren und mittlerweile an andere Häuser überwiesenen Sammlungen der Vor- und Frühgeschichte und der Anthropologischen Abteilung sowie sogenannte Werkstattanfertigungen. Die Abteilung Vor- und Frühgeschichte wurde in den 1970er Jahren an das neugegründete Helms-Museum Hamburg, die Anthropologische Abteilung größtenteils an die Universität Göttingen abgegeben, beide mit erweiterter Dokumentation. Werkstattanfertigungen bezeichnen Modelle und Objektnachbauten aus der museumseigenen Werkstatt.
Folgende Strukturierung der Angaben zu den Vorbesitzenden bzw. Objektveräußernden in Verbindung zu den jeweiligen Sammlungsbeständen ist zwecks einer Bearbeitung und Überprüfung auf NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut vorgesehen: Eingänge von Privatpersonen, Bestände aus öffentlichen Einrichtungen und Institutionen sowie von Verbänden zwischen 1933 und 1945 und Objekthandel.
Durch Stichproben zum Zeitpunkt des Projektantrags konnten bereits entsprechende Sammlungscluster für eine vertiefende Untersuchung definiert werden: Darunter fallen zunächst Eingänge von Privatpersonen, die bekanntermaßen Verfolgte des Nationalsozialismus waren, sowie Ethnografica-Handelnde, wie die Familie des Hamburger Ethnografica-Händlers Julius Konietzko (1886-1952) und ihr Umfeld. Der Großteil der hier zuzuordnenden Eingänge stammt aus dem Handel und den Sammlungen Konietzko, insgesamt scheint der ethnografische und der Kunsthandel jedoch für den Objekterwerb des Museum für Völkerkunde zwischen 1933 und 1952 eine eher nachgeordnete Rolle gespielt zu haben.
Als Ergebnis des ersten und 2023 abgeschlossenen NS-Raubgut-Projekts haben sich für den Zugangsstatus „Leihgabe“ Erkenntnisse ergeben, die einen erweiterten Fokus auf die entsprechend verzeichneten Bestände erforderlich macht: So waren Einzelpersonen zum einen verfolgungsbedingt nicht mehr in der Lage, ihre Bestände jemals vom Museum zurückzufordern, zum anderen besteht die Vermutung, dass einzelne Objektbestände von Verfolgten als Leihgabe an das Museum zur Verwahrung bzw. Depositum übergeben worden sein könnten. Bei erfolgter Rückgabe können zudem Einzelobjekte im Haus verblieben sein.
Ebenfalls überprüft werden sollen Eingänge, die als „Alter Bestand“ oder mit unklaren Angaben erfasst wurden. „Alter Bestand“ bezieht sich auf Objekte und Konvolute, die zu einem unbestimmten früheren Zeitpunkt in die Sammlungen eingingen, jedoch nicht mehr eindeutig zugeordnet werden können, oder ihren Status verändert haben. Dies bedeutet eine Überprüfung der Identifizierbarkeit auf Grundlage des mittlerweile erweiterten und vor allem digital zugänglichen Sammlungsabgleichs. Ein unklarer Erwerbsstatus bedeutet Überprüfung und Abgleich der zugrunde liegenden Verzeichnisse und Dokumente und ist bezüglich des tatsächlichen Status ergebnisoffen.
Die Untersuchung aller ausgewählten Bestände beinhaltet eine Klärung von Erwerbs- und Besitzstatus sowie eine entsprechende Hinterfragung der Sammlungsgeschichte. Bei einzelnen Objekten wird bei Bedarf die Dokumentation und Erforschung spezifischer Provenienzmerkmale wie Sammel-, Auktionsnummern, Stempel u.ä. erfolgen.
Das Forschungsprojekt wird vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste gefördert und abschließend in der Forschungsdatenbank Proveana dort einsehbar sein. Grundlage der geförderten Provenienzforschung zu NS-Raubgut sind die Washingtoner Prinzipien von 1998, zu deren Umsetzung sich die Bundesrepublik Deutschland mit der Gemeinsamen Erklärung 1999 bekannt hat.
Projektlaufzeit: 1. Oktober 2023 bis 30. September 2025
Kontakt:
Jana C. Reimer
Provenienzforschung NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut
fon +49(0)40/428 879–551
mail janacaroline.reimer@markk-hamburg.de
Julianne de Sousa
Provenienzforschung NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut
fon +49(0)40/428 879–586
mail julianne.desousa@markk-hamburg.de
Gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste
Gefördert durch