Wenn Bräuche zuschlagen: Klaasohm, Krampus, Kontexte
Ein kürzlich veröffentlichter Bericht von STRG_F und Panorama über das Klaasohm-Fest auf Borkum hat eine Diskussion ausgelöst.
Das Klaasohm-Fest wird auf der Insel Borkum am Abend des 5. Dezembers gefeiert und vom Verein Borkumer Jungens (VBJ) veranstaltet. Der umstrittenste Teil des Festes ist ein Umzug, bei dem sieben maskierte Männer, die sogenannten „Klaasohms“, durch die Straßen ziehen. Während des Umzugs fangen sie Frauen ein, halten sie fest und schlagen sie mit Kuhhörnern. Ähnlichkeiten zu anderen Traditionen, wie dem Krampustag, der ebenfalls am 5. Dezember gefeiert wird, sind nicht zu übersehen Der Ursprung des Krampus findet sich im alpenländlichen Raum und begründet noch heute Praktiken, wie das Krampuslaufen, zu dem auch das Schlagen mit der Rute gehört.
In einem Gespräch mit dem Ethnologen Thomas Hauschild und dem Autor des Beitrages Gunnar Krupp werden die umstrittenen Traditionen und die historischen Hintergründe diskutiert. Dabei stellt sich auch die Frage, welche Verantwortung die Gesellschaft in Bezug auf die Aufrechterhaltung oder Abschaffung solcher Praktiken trägt. Zur Diskussion stehen ebenfalls einige Krampusmasken aus der Sammlung des MARKK.
Die Veranstaltung findet im großen Hörsaal auf Deutsch statt.
Wissenswertes
Kosten: Museumseintritt
Kurzbiografien
Prof. Dr. Thomas Hauschild
Mein Studium begann vor 50 Jahren im heutigen MARKK und im Museum für Hamburgische Geschichte: Ethnologie und Volkskunde. Im MARKK wurde die Bibliothek zu meinem Wohnzimmer. Als ich fachlich schon weiter war, kuratierte ich dort mit einem Team die Ausstellung „Hexen“ (1979). Sie lief fast bis zum Jahre 2000 auf Deutschland-Tournee (ca. 1,5 Million BesucherInnen).
Rituale, Magien, Religionen und politische Kulte sind meine Lieblingsthemen. Darum habe ich sehr oft Feldforschung und Archivarbeit über Bräuche und Kulte gemacht. 1994 fand die Premiere des Films „Klaasohm sin Hunk“ statt, den ich 1990 gemeinsam mit der Journalistin Marlies Backhus gedreht hatte – er handelt von Masken- und Schlagebräuchen auf Borkum. In den 2000er Jahren veröffentlichte ich eine Reihe großer Studien über italienische Magie, mediterrane Brauchpolitiken und die Geschichte eurasiatischer Winterkulte. Zurzeit schreibe ich an einem ethnologisch und neurobiologisch inspirierten Buch mit dem Titel „Gespenst im Kopf. Die Unvermeidbarkeit von Religion“.
Gunnar Krupp
Gunnar Krupp, geboren am 14.02.1986 in Oldenburg ist freier Journalist beim Norddeutschen Rundfunk für die Formate „Panorama –Die Reporter“ und „STRG_F“. Seit Anfang 2007 arbeitet er für verschiedene TV-Formate und hat in dieser Zeit unter anderem den Otto Brenner Preis, die Goldene Kamera Digital, den Webvideopreis sowie zwei Grimme Online Awards gewonnen. Sein Debutroman „Absacker“ erschien 2018 im Verlag Community Editions. Die Reportage zum Klaasohm auf Borkum hat weltweit für Aufsehen erregt und führte letztendlich zum Wandel des Brauchs.